Dissertation Jörg große Schlarmann, 2011 (Young Carers)

Entwicklung, Implementierung und Evaluierung eines familienorientierten Hilfsangebots für Kinder kranker Eltern

Inaugural-Dissertation von Jörg große Schlarmann aus Gelsenkirchen, 2011.

Zusammenfassung

Ziel der im Rahmen dieser Dissertation durchgeführten Studie war es, ein evidenzbasiertes familienorientiertes Unterstützungsangebot für Young Carers und ihre Familien zu entwickeln, zu implementieren und zu evaluieren. Die Studie war ein Projekt des Pflegeforschungsverbundes Nordrhein-Westfalen, welches vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde. übergeordnetes Ziel der Intervention war es, Familien in der Bewältigung ihres durch die chronische Erkrankung erschwerten Alltags zu unterstützen und die Lebensqualität aller Betroffenen zu erhöhen. Vor allem die Kinder sollten entlastet werden, um nachteiligen Auswirkungen für ihre gesamte Entwicklung vorzubeugen.

Grundlage der Konzeptentwicklung waren Ergebnisse einer zuvor durchgeführten Grounded Theory Studie, in welcher betroffene Familien u.a. danach gefragt wurden, welche Wünsche und Erwartungen sie an Unterstützung von außen stellen. Darüber hinaus wurden Interviews mit Leitern von britischen Young-Carers-Groups sowie von deutschen Hilfsprogrammen für Kinder von psychisch kranken Eltern durchgeführt, um von den Erfahrungen bereits etablierter Projekte profitieren zu können. In Kooperation mit einem etablierten und finanzstarken Träger wurde 2009 das Projekt “SupaKids - Unterstützung bei chronischer Krankheit in der Familie” in Hamburg-Altona gestartet, welches das erarbeitete Konzept in die Praxis umsetzt. Das Projekt bietet zwei-wöchentliche offene Gruppen für betroffene Kinder sowie ein monatliches Frühstück für die teilnehmenden Eltern. Darüber hinaus bieten die Projektmitarbeiter Beratung und Informationen hinsichtlich medizinischer, pflegerischer, persönlicher und administrativer Belange an. Quartalsweise finden Familienfeste statt. Für die Evaluation des Projektes war eine randomisiert kontrollierte Studie (RCT) geplant, die den Effekt der Intervention auf die teilnehmenden Familien mit Hilfe des Konzepts der gesundheitsbezogenen Lebensqualität der Kinder erfassen sollte. Im Verlauf der Implementierung kam es zu unvorhergesehenen Problemen bezüglich der Vernetzung des Projektes sowie der Kontaktaufnahme mit betroffenen Familien, was zu einer erheblichen Verzögerung innerhalb des Studienplans führte. Da das Projekt nur langsam wuchs, und hierdurch die angestrebte Stichprobengröße nicht erreicht werden konnte (per protocol-Stichprobe: sechs Kinder im Vergleich zur errechneten Fallzahl von 150 Kindern), musste das geplante RCT aufgegeben werden. Um dennoch die Wirkung der Intervention auf die Kinder und ihre Familien erfassen zu können, wurde mit problembezogenen Interviews und teilnehmender Beobachtung eine qualitative Evaluation durchgeführt.

Die zentralen Ergebnisse der qualitativen Evaluation zeigen, dass sich das Projekt gut in der Praxis bewährt hat. Die teilnehmenden Familien erleben das Projekt als eine Art “Schutzraum”, in welchem sie

    1. so sein dürfen wie sie sind,
    1. sich nicht erklären müssen,
    1. andere Betroffene in ähnlichen Situationen kennen lernen,
    1. ihre Sorgen abladen können,
    1. einen Ansprechpartner für alle Probleme im Alltag haben,
    1. eine Auszeit von Zuhause erleben,
    1. eine Zeit der Sorglosigkeit erleben,
    1. Freunde finden.

Das Projekt trägt zur Entlastung der gesamten Familie bei.

Das implementierte Konzept “SupaKids” hat sich als umfassend erwiesen. Der familienorientierte Ansatz des Projektes wird sowohl von den beteiligten Kindern als auch von ihren Eltern sehr geschätzt. Der niederschwellige Zugang sowie die Zwanglosigkeit bezüglich der Teilnahme am Projekt können als die erfolgsbringenden Faktoren angesehen werden.

Abstract

The aim of this study was to develop, implement and evaluate an evidence-based family-centered support service for young carers and their families. The study was a project of the Nursing Research Network Northrhine-Westfalia, and it was funded by the Federal Ministry of Education and Research. The aim of the intervention was to support families in coping with the distress of their everyday life, and to enhance quality of life of all family members. The intervention focused on supporting the children in order to prevent damaging effects on their overall development. The concept for this study was developed from the findings of a prior Grounded Theory Study, which asked young carers and their parents about their expectations and demands to a support service. Additionally, interviews have been carried out with the project leaders of British young carers groups as well as German support services for children of mentally ill parents, in order to learn from their experiences in running a support service.

In cooperation with an established and well-funded organisation, the project “SupaKids - Support in case of chronical illnes within the family” [SupaKids - Unterstützung bei chronischer Krankheit in der Familie] was started in 2009 in the city of Hamburg. This project delivers the developed concept into practice. The project takes place in an independent youth center, where the children meet for some hours twice a week (at a so called “young-carers-group”). During holidays, a daily leisure-time program is offered. For the enrolled parents, there are general monthly breakfast-meetings. Additionally, festivities for all enrolled families are held each quarter. Originally, it was planned to measure the project’s effectiveness with an RCT using the childrens’ health-related quality of life as the outcome criterion. This design faced several problems involving networking and getting in touch with young carers, which led to a huge delay within the research schedule. As the project was growing too slowly, the calculated sample size of 150 children (against 6 children per protocol) could not be reached. Thus, the design needed to be changed. In order to assess the project’s impact on the children and their families, a qualitative evaluation was carried out using problembased interviews and participatory observation.

The results of the qualitative evaluation show that the project has delivered an optimal perfomance in practice. Both parents and children value the project as a kind of shelter, where they:

    1. are allowed to be as they are,
    1. don’t have to explain themselves,
    1. meet others in similar situations,
    1. deposit their sorrows,
    1. have a first port of call for any problem,
    1. experience a hiatus from the situation at home,
    1. experience a time of carefreeness,
    1. find friends.

All families value this shelter as providing copious relief from their life experiences. Therefore, the project’s concept seems to be appropriate. The family-oriented approach is valued by both parents and children. The informal character as well as the low threshold for service provision can be seen as factors which mainly contribute to the project’s success.

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